Travel: Von Fachwerkhäusern, Wanderschaften und einer heilen Welt – Was ist los inStolberg im Harz?

Wieso sollte ich innerhalb Deutschlands reisen? Ich möchte etwas erleben und die wirklich schönen Orte sehen! Die gibt es hier nicht! Pah, vonwegen. Wer regelmäßig hier mitliest, der weiß, dass ich mittlerweile anderer Meinung bin. Dachte ich zwar vor Jahren noch genauso, so wurde ich eines besseren belehrt. Denn Deutschland lohnt sich! Sogar sehr! Und damit ihr ebenso in den Genuss kommt, möchte ich euch heute eine kleine, verschlafene, aber wunderschöne Stadt vorstellen: Stolberg im Harz.

Warum der Osten?

Privat wollte ich schon immer in den Osten. Jetzt nicht unbedingt, weil ich das Sächseln so herzerwärmend finde – eher geegnteilig -, sondern weil alle aus dem Osten weg wollen. Das bedeutet, dass es dort keine Menschenmassen, dafür aber wundervolle Wohnungen für einen Bruchteil an Miete gibt. Das aber nur als kleine Randnotiz zu Beginn ^^.

Unvorgenommenheit bringt’s.

Als ich meine Nichte vor einigen Wochen einpackte, um gemeinsam Stolberg unsicher zu machen, wussten wir nicht so recht, was uns erwarten würde. Natürlich guckt man sich ein paar Bilder im Internet an und sucht sich die eine oder andere spannende Aktivität heraus. Doch möchte ich nie voreingenommen sein, wenn ich in eine neue Stadt reise, weshalb alles nur auf ein Minimum beschränkt wird. Todmüde also fuhren wir im Stolberger Bahnhof ein und waren direkt erstaunt. Was dort als Bahnhof betitelt wird, wäre bei uns lediglich eine kleine Haltestelle. Direkt an einem Bach gelegen und sowohl nur wenige Schritte vom Stadteingang als auch von unserem Hotel entfernt, stolperten wir aus dem Bus. Wer jetzt schon einmal in Stolberg war, der wird nun sicherlich wissen, wo wir genächtigt haben, da das Hotel tatsächlich nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt ist – Hotel Zum Bürgergarten. Sowohl als Gaststätte als auch Hotel scheint diese Lokalität auf Gefallen zu treffen, wenn ich zurücküberlege, wie voll es doch regelmäßig war und wie viele wiederkehrende Gäste es wohl hatte. Wer jetzt ein fancy Boutiquehotel erwartet, der hat nun wirklich weder eine Vorstellung von Stolberg, noch davon, was man sonst unter einer Räumlichkeit mit dem Namen Zum Bürgergarten erwartet ^^. Gut bürgerliche Küche und rustikale Zimmer sind das, was ihr bekommt und sicherlich auch das, was sich die meisten darunter vorstellten.

Der Anreisezeitpunkt sei gut gewählt – Was ist los in Stolberg?

Doch, was war für uns das wichtigste? Richtig, die Erkundung Stolbergs. Gleich vorab sei gesagt, dass es enorm wichtig ist, wann ihr anreist, sprich an welchen Wochentagen. Auch, wenn es sich lohnt Stolberg zu besuchen, quillt die kleine Stadt nicht gerade vor Touristen über, was zur Fogle hat, dass einige Museen und Co. unter der Woche geschlossen haben. Wir wussten davon leider auch erst zu spät. Besonders Feiertage, Wochenenden und Schulferien sind für eine ausgiebige Erkundung des Stolberger Angebots von Vorteil. Ebenso von Vorteil ist die Anreise mit dem Auto. Wir mussten feststellen, dass es auch im Umland einiges zu entdecken gibt, was wir jedoch in der Kürze der Zeit und vor allem ohne mobilen Untersatz nicht erleben konnten.

Fachwerkhäuser so weit das Auge reicht.

Mein absolutes Highlight? All die Häuser. All die Fachwerkhäuser, die sich eines nach dem anderen am Weg entlang säumen und die Blicke auf sich ziehen. Man mag meinen, sie würden einen Wettbewerb vollführen, welches Haus am schiefsten sein kann und dennoch bewohnbar ist. Es ist der helle Wahnsinn, wenn man sich die schrägen Fenstern, Wände und Stützpfeiler anschaut – wer nicht schwindelfrei ist, sollte wohl besser nicht zu lange hinschauen ^^. Die komplette Stadt ist geschmückt mit den schönsten Häuserfassaden im Fachwerkhaustsil, die ich je gesehen habe. Skurril, farbenfroh, verziert oder aber auch klassisch – es ist alles vertreten. Allein dafür lohnt sich schon die Anreise. Was man allerdings sicherlich nicht vermutete, ist der rege Verkehr durch die Stadt. Sieht man teilweise ewig keine Menschen auf den Straßen, so rauscht ein Fahrzeug nach dem anderen an einem vorbei – verrückt, dass die tatsächlich durch die schmalen Straßen passen.

What to see in Stolberg.

Wenn ihr in ein Hotel in Stolberg eincheckt, wovon es dort reichlich gibt, bekommt ihr ein kleines Heftchen – das UTi – Urlauber Ticket für Stolberg. Nehmt dieses auf jeden Fall auf eurer Erkundungstour mit, da es nicht nur kleinere Landkarten beinhaltet, sondern euch auch hier und dort Rabatte gewährt. Zudem ist in gewissen Teilen die Fahrt mit dem Bus inbegriffen. Funfact gefälligst: Oftmals wird kein fester Fixbetrag als Eintritt verlangt. Ihr könnt entscheiden, wie viel ihr in Form einer Spende, geben wollt. Doch, was gibt es in Stolberg zu entdecken?

Rathaus am Markt: Das Ratahus als solches ist zwar ein schönes Gebäude von außen, doch so auf den ersten Blick nicht allzu beeindruckend. Eine Sache gibt es allerdings, die mich zum Staunen brachte, denn das Gebäude, welches 1452 erbaut wurde, hat bis heute kein Treppenhaus. Richtig gelesen. Es ist einem von Innen nicht möglich, in eine andere Etage zu kommen. Erst durch die große Außentreppen ist es möglich, die Etage zu wechseln. Vor seiner Funktion als Rathaus, befand sich zudem eine Schule, ein Tanzboden und ein Kaufhaus im Innern. Verrückt!

Josephskreuz: Geht hin, sagten sie. Es wird nicht weit sein, sagten sie. Es wird euch gefallen, sagten sie. Hoch motiviert und in der absolut falschen Kleidung machten wir uns also auf den Weg. 4 km lang. Berg auf. Durch den Wald. Eine Sache, die ich an sich wirklich toll finde, da ich sowohl das Wandern als solches als auch Wälder liebe. Die Unterschätzung, wie anstrengend jedoch 4km bergauf sein können und das Wetter, welches sich zwischen Hagel, Schnee und Starkregen abwechselte, machte das Ganze dann doch eher erschwerlich. Fast drei Stunden keine andere Menschenseele getroffen. Empfang des Handys? Nicht vorhanden. Akkuleistung? Kurz vorm Zusammenbruch. Die Gegend? Kennt jemand die Filme The hills have eyes und Wrong turn? Unsere Situation hätte nicht besser in einem Teenie-Splatter-Movie vorzufinden sein können ^^. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Strecke ist für sich genommen wirklich toll. Ihr lauft wunderschöne Waldpfade entlang, kommt an Lichtungen vorbei, bei denen man nur darauf wartet, dass Rehe oder gar Bären euren Weg kreuzen. Ihr seid völlig für euch und könnt, dank fehlendem Netz, schlichtweg und wortwörtlich einmal abschalten. Keine Hektik, kein Lärm. Oben am Kreuz angekommen – 1896 in der heutigen Eisenkonstruktion errichtet und das größte Doppelkreuz der Welt – könnt ihr einmal tief durchatmen und dann mit dem Adrenalin weitermachen. Denn das Josephskreuz ist nicht einfach nur ein Kreuz, es dient als Aussichtsturm und bietet, so habe ich mir sagen lassen, eine tolle Aussicht! Meine Höhenangst hat sich in den letzten zwei Jahren tatsächlich schon verringert, was wohl daran liegt, dass ich mich öfter zwang, gewisse Dinge zu tun, um mich nach den Reisen nicht zu ärgern. Allerdings kann man beim Aufstieg herausschauen und, soweit ich sah, auch durch die Stufen hindurchsehen, was meinem erschöpften Gemüt dann doch zu viel war ^^. Übrigens, liebe Toilettendame, ein kleiner Tipp: Ehe Sie die Toilette schließen, um in den wohlverdienten Feierabend zu fahren, wäre es doch in Zukunft klasse, wenn sie VORHER nachfragen würden, ob sich noch jemand in den Räumlichkeiten befindet und nicht einfach Licht aus und Tür zu machen…

Museum Alte Münze: Gemeinsam mit der Touristeninformation teilt sich das Museum eines der schönsten Häuser in Stolberg. 1535 als Münzwerkstatt erbaut, könnt ihr heute noch die alten Räumlichkeiten samt Gerätschaften der Werkstatt besichtigen. Zudem gibt es auf einer Etage eine Vorstellung des Predigers Thomas Müntzer, welcher 1489 in Stolberg geboren wurde und weitere interessante Fakten über die Stadtgeschichte. Der Eintritt betrug für uns, dank des UTi, gerade einmal 1,50€ pro Kopf. Leider war es mir nicht gestattet Fotos zu machen, sonst hätte ich euch auch hiervon ein paar Eindrücke hinterlassen. Aber für 1,50€ lohnt es sich wahrlich. Auch hier ein kleiner Appell an die Touristeninfo: Nennt mich geizig, aber im Infocenter eine Stadtkarte für 3,00€ anzubieten ist Wucher.

Schloss Stolberg: Leider momentan mit Bauarbeiten etwas verunstaltet, ist das Schloss, welches seit 1210 die Grafen zu Stolberg beherbergte, doch ein unheimlich schönes Ausflugsziel. Von oben hat man einen tollen Blick auf die Stadt und das Schloss selbst macht einiges her. Hier müsst ihr beispielsweise nur eine Spende in einen Kasten werfen und keinen festen Eintrittspreis bezahlen. Wenn das Wetter schön ist, kann ich mir vorstellen, lässt es sich ganz herrlich im Schlossgarten sitzen. Leider hat es bei uns in einer Tour geschneit und geregnet. Die schönen und beeindruckenden Räumlichkeiten aber haben uns das eklige Wetter jedoch vergessen lassen. Wunderschöne Räume und ein toller Ausblick sind für mich gleich zwei Gründe, warum ihr das Schloss besuchen solltet. Übrigens wurde dort am 15.02.1506 Juliana zu Stolberg und Wernigerode geboren. Wer das ist? Sie und ihr Mann Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg sind die Stammeltern des Hauses Oranien.

Museum Kleines Bürgerhaus: Tja, was war da noch gleich mit dem Öffnen nur an bestimmten Tagen? Noch am Anreisetag gingen wir daran vorbei und meine Nichte wollte unbedingt hinein, doch ich dachte mir, dass wir am nächsten Tag die ganzen Museumsbesuche absolvieren und uns erst einmal einen Gesamtüberblick verschaffen sollten. Tja, hätte ich mal auf meine Nichte gehört, denn am nächsten Tag war das Museum leider geschlossen. Von außen sah es allerdings schon sehr spannend aus und hätte sicherlich voll und ganz unsere Interessen befriedigt, da wir beide viel Freude an Stadtgeschichte und das einfache Leben haben. 1470 erbaut, beherbergt es nun Möbel und Hausrat aus dem 17. bis 19. Jahrhundert und soll die Wohnkultur dieser Zeit vermitteln. Auch hier ist eine Spende, statt eines Eintritts gewünscht.

Höhle Heimkehle: In der Kürze der Zeit und ohne Auto war es uns nicht möglich die Heimkehle zu besuchen. Nichtsdestotrotz möchte ich sie hier als möglichen Ausflugsort aufzählen. In der Ortschaft Uftrungen gelegen, findet ihr die Schauhöhle, die sowohl Fledermausquartier als auch Karsthöhle und Mahnmal zugleich ist. Die Führungswege sind übrigens alle behindertengerecht ausgebaut – jedenfalls wird damit geworben.

Therme und Freizeitbad Thyragrotte: Vor allem, wenn ihr mit Kids unterwegs seid, ist das Freizeitbad eventuell von Interesse für euch. Verschiedene Wasserattraktionen, Saunen, Solarium und Co. sind ganzjährig für euch geöffnet und verschaffen sicherlich die eine oder andere Abkühlung und Entspannung.

Where to sit.

Eine richtige kulinarische Tour konnten wir leider nicht machen, da auch hier wieder das Pech auf unserer Seite lag – geschlossene Lokalitäten. In den meisten Restaurants, in die wir einkehren wollten, fand am besagten Tag ein Ruhetag statt, weshalb ich jetzt nur ein Café aufzählen kann. Das Gute? Dieses Café ist dafür richtig klasse, weshalb es das Alleinstellungsmerkmal redlich verdient hat.

Café Alt: Folgt nicht dem weißen Kaninchen, sondern dem rosa Fahrrad, welches euch den Weg in die Gasse zeigt. Etwas versteckt, findet ihr nämlich ein zuckersüßes, mit ganz viel Liebe gestaltetes und mit köstlichen Kuchen ausgestattes Café. Täglich frisch gebackene Kuchen und eine tolle Karte mit verschiedenen Getränken laden dazu ein, einfach einen Moment länger zu bleiben. Hinzukommt noch die gemütliche und schön ausgewählte Einrichtung, die einen träumen lässt. Ich wäre sogar in die Damentoilette gezogen, wäre es möglich gewesen ^^. Ungelogen ein absoluter Geheimtipp für alle Stolbergreisenden oder Durchfahrenden!

Wer einmal so richtig abschalten möchte, sich für historische und schlichtweg schöne Gebäude interessiert und auch gerne in der Natur ist, der sollte sich Stolberg ganz groß auf der Landkarte markieren!

Ihr habt richtig Lust nun auf Kurzreisen und das auch noch innerhalb Deutschlands? Dann könnt ihr ja gerne einmal bei Reisehummel vorbeischauen, worüber ich im übrigen auch diese Reise machen durfte.

 

8 Comments

  • Miriam, ein kleiner Tipp wenn Du nach Stolberg im Harz möchtest, dann bitte Stolberg mit einem l denn sonst landest Du in unserer Partnerstadt Stollberg im Rheinland. Eine Reise zu uns lohnt sich immer.Ich weiß wovon ich rede denn ich lebe schon 80 Jahre hier.Der Beitrag ist super

  • Hallo Sylvi,
    das passt sich gut, denn wir wollen im Juli den Harz erkunden und ich bin gerade dabei etwas auszuarbeiten. Stollberg sieht wirklich süß aus, ganz nach meinem Geschmack (ich liebe ja alte Häuser 😉 ).
    Ich werde versuchen, es in unsere Tour mit einzuplanen.

    Lg aus Hamburg
    Miriam

    • Liebe Miriam,

      ach wie perfekt! Ganz viel Spaß drüben <3
      Aber Helga hat Recht, schön draufachten, dass Du nicht bei Aachen plötzlich landest ;).
      Berichte gerne davon, wenn ihr wieder da seid!

      Allerliebst
      Sylvi

  • Haha…das kommt mir doch irgendwie bekannt vor….Fachwerkstädtchen und alles geschlossen. So erging es mir kürzlich in Einbeck.
    Dein Bericht macht aber dennoch Lust darauf, Stollberg zu erkunden!

    Herzliche Grüße von
    Kerstin

  • 🙂 Hättest du mir mal gesagt, dass du meinen ursprünglichen Dialekt herzerwärmend findest, hätte ich dich damit bombardiert :P.
    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende..
    Liebe Grüße!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Abgabe meines Kommentars erkläre ich mich mit der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten durch diese Website einverstanden.*
(Dein Name und die E-Mail Adresse werden benötigt, damit ich dich zuordnen kann. Diese Daten werden nur für diesen Zweck gespeichert und auf deinen Wunsch gelöscht. Eine ausführliche Erläuterungen zur Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten kannst du in meiner Datenschutzerlärung nachlesen.)